„Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt uns dramatisch auf, dass wir bei der Energiewende viel schneller werden müssen“, eröffnete Andrea Lindlohr, die Esslinger Landtagsabgeordnete der Grünen, ihre Veranstaltung zur Energiewende im Jugendhaus Focus in Denkendorf.
„Und unsere neue Photovoltaik-Pflicht in Baden-Württemberg ist dabei
ein wichtiger Schritt nach vorne.“
Mit rund 80 interessierten Bürgerinnen und Bürgern war die Podiumsdiskussion mit den Schwerpunktthemen Photovoltaik und Hauswärme im Jugendhaus Focus außergewöhnlich stark besucht.
„Als Land Baden-Württemberg arbeiten wir hart für den Klimaschutz und für mehr energiepolitische und wirtschaftliche Unabhängigkeit“, sagte Andre Baumann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.
„Gleichzeitig müssen wir auch den Wohlstand erhalten“, so Baumann. Diesen Konflikt könne man nur mit einem beherzten Ausbau der Erneuerbaren auflösen.
Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu werden. Ein Baustein hierfür ist die erweiterte Photovoltaik-Pflicht: Seit 1. Mai müssen auch neue Wohngebäude mit einer Solaranlage ausgestattet werden. Zum nächsten Jahr greift die Pflicht auch, wenn bei bestehenden Gebäuden das Dach saniert wird. Lindlohr meinte:
„Ich nehme weit über die Pflicht hinaus aktuell einen großen Aufbruch für die Photovoltaik wahr.“
Beim Ostfilderner Handwerksunternehmen Elektro Süßer ist der Ansturm bereits seit Monaten enorm. Bisher kann die Anfrage nach PV-Anlagen und Wärmepumpen auch noch bedient werden. „Aber unterbrochene Lieferketten und fehlende Fachkräfte werden in Zukunft eine große Herausforderung sein. Die Branche boomt“, so der Inhaber Michael Süßer.
Seit Beginn des Jahres ist nun auch die Klimaschutzagentur des Landkreises Esslingen tätig und Ansprechpartner für Privatpersonen, Unternehmen und Kommunen. Ganz pragmatisch meinte Geschäftsführer Florian Hoffmann: „Eine PV-Anlage ist immer eine „no regret“- Maßnahme. Sie kann nicht schaden, sondern immer nur nützen.“ Insgesamt sei der Beratungsbedarf enorm. „
Die Klimaschutzagentur will Bürgerinnen und Bürgern dabei helfen, eine mündige Entscheidung zu treffen. Beispielsweise, wenn die alte Ölheizung
kaputtgeht und ersetzt werden muss.“
Die kommunale Wärmeplanung ist ein weiteres Puzzlestück der Energiewende. Mit dem Klimaschutzgesetz sind Stadtkreise und Große Kreisstädte in Baden-Württemberg dazu verpflichtet, Wärmebedarfe und Wärmequellen in ihrer Stadt zu erfassen. „Denn nur wer weiß, was er verbraucht, kann auch seine Einsparpotenziale erkennen“, erklärte Baumann. Alleine die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen im Landkreis Esslingen gäben rund 500 Millionen Euro im Jahr für fossile Energien aus, wusste Hoffmann.
Und was tut sich Denkendorf ganz konkret? Der Gemeinderat hat unter anderem
beschlossen, das junge Unternehmen greenventory ins Boot zu holen. „Damit können Denkendorfer Bürgerinnen und Bürger ihre eigene Dachfläche unkompliziert auf solare Potenziale hin überprüfen lassen“, lobt Lindlohr.
Aber auch der Bund hilft mit: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll noch einfacher und lohnenswerter sein. So wird die viel kritisierte EEG-Umlage abgeschafft, und die Genehmigung und der Bau von Windenergie und PV-Anlagen sollen vereinfacht und beschleunigt werden, erläuterte Baumann. Denn: „Windenergie und Solar sind die großen Lasttiere der Energiewende“, betont Lindlohr. Deswegen setze sie als Staatssekretärin im Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen das Ziel, mindestens zwei Prozent der
Flächen in Baden-Württemberg für den Ausbau von Windkraftanlagen und Freiflächen-Photovoltaik vorzuhalten, mit um.
Süßer hält es für unverzichtbar, das komplexe Thema Energie für die Bürgerinnen und Bürger verständlicher zu machen und nicht zu überfrachten. Hoffmann ist sich sicher: „Es gibt viel Potenzial für die Gesellschaft, etwas zu bewegen – man muss nur Prioritäten setzen. Zum Beispiel beim nächsten Autokauf.“ Dem stimmt Baumann zu: „Wir müssen Mut haben, Gewohntes zu verlassen und Neues zu wagen – auch bei der Energiefrage.“ Lindlohr ist sich sicher, dass auch der Diskussionsabend in Denkendorf dazu beigetragen hat.