Schwörtag Freitag, 4.7.25
Festredner Andreas Huber, Club of Rome
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
sehr geehrter Herr Huber,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,
sehr geehrte Damen und Herren des Marineunterstützungskommando,
sehr geehrte Damen und Herren und
a warm welcome to our friends from Poland and Ukraine,
zunächst möchte ich mich herzlich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Huber, für Ihre inspirierende Rede bedanken. Sie haben eindrucksvoll geschildert, vor welchen Risiken unsere Gesellschaft und unsere Städte und Gemeinden stehen aber auch welche Chancen sich auftun.
Auch wir in Esslingen stehen – wie viele Städte in Deutschland – vor einer Vielzahl an Herausforderungen, die wir gemeinsam anpacken müssen. Der Klimawandel, gesellschaftliche Spannungen, Populismus, globale Konflikte, Migration, Energie- und Mobilitätswende, bezahlbarer Wohnraum, Bildungsgerechtigkeit und das Bedürfnis nach mehr Sicherheit und Sauberkeit– all das bewegt unsere Stadtgesellschaft.
Viele Menschen haben das Gefühl, in einer Dauerkrise zu leben. Doch wir wollen diesem Gefühl etwas entgegensetzen: eine zuversichtliche und mutige Vision von unserer Stadt als Stadt der Zukunft.
Denn neben Herausforderungen haben wir auch große Chancen: Wir können Esslingen zu einer Stadt machen, die nicht nur modern und wirtschaftlich stark ist, sondern auch sozial gerecht, nachhaltig und klimafreundlich.
Nachhaltigkeit ist für mich kein abstrakter Begriff. Er bedeutet, Verantwortung zu übernehmen – für unser Klima, für kommende Generationen, für das soziale Miteinander. Hier in Esslingen und überall. Ganz im Sinne der Lokalen Agenda 21, deren Mitglied wir sind und deren Motto „global denken – lokal handeln“ heute genauso wichtig ist wie damals bei der Gründung 1992. Diese Initiative war Vorbild für die lokale Umsetzung globaler Nachhaltigkeitsziele.
Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen ernst nehmen und konkret angehen. Nicht irgendwann, sondern jetzt. Unsere Stadtwerke investieren in den nächsten Jahren viele Millionen Euro in den Ausbau klimafreundlicher Fernwärme und in erneuerbare Energien. Grüner Wasserstoff, intelligente Stromnetze und moderne Speichertechnologien werden in Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Denn nur mit klimafreundlicher Energie sichern wir unsere wirtschaftliche Stabilität und soziale Gerechtigkeit.
Auch die Mobilitätswende ist ein Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit. Wir wollen, dass es in Esslingen einfach ist, klimafreundlich unterwegs zu sein – zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Bus. Deshalb führen wir das Stadtticket wieder ein. Deshalb bauen wir den ÖPNV vollständig elektrisch aus und werden eine der ersten Städte im Land sein, mit einem vollständig emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr.
Nachhaltigkeit gilt auch für die Stadtentwicklung. Eine nachhaltige Stadt ist eine Stadt der kurzen Wege – mit Grünflächen zur Abkühlung, mit Naherholung in jedem Quartier. Mehr Grün in der Stadt schützt vor Hitze und macht unsere Stadt lebenswerter. Wir müssen hier noch besser werden: Entsiegelung von Flächen ist nötig. Bäume an jeder Straße, Begrünung von Fassaden und Dächern. Damit verbessern wir vor allem in der Innenstadt das Mikroklima, da weniger Hitze gespeichert wird und mehr Wasser verdunstet.
Schon heute freue ich mich auf den neu gestalteten Marktplatz im Herzen unserer Stadt. Mit noch mehr Bäumen und einem Fontänenbrunnen der für Kühlung sorgt und bei Kindern an heißen Tagen mit Sicherheit große Freude auslösen wird.
Nachhaltigkeit bedeutet auch, den sozialen Zusammenhalt zu sichern. Nur wenn wir Integration, Bildung und Teilhabe ernst nehmen, gelingt uns der Wandel gerecht. Gute Kitas, starke Schulen, gerechte Bildungschancen – das ist nicht nur soziale Politik, sondern echte Zukunftspolitik. Dazu gehört ein gutes Kulturangebot. Wo Kultur stark ist, ist nicht nur die Gesellschaft stark, dort ist auch die Wirtschaft stark. Der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert hat es auf den Punkt gebracht: „Kunst und Kultur sind nicht die sympathische Nische der Gesellschaft, sondern das Eigentliche, das sie zusammenhält.“ Deshalb bauen wir an einer neuen Stadtbücherei und werden in unser Museum investieren. Deshalb fördern wir unsere Kultureinrichtungen und Vereine.
Dabei darf Nachhaltigkeit kein Luxus sein. Jeder Mensch – egal welchen Alters, welcher Herkunft oder mit welchem Einkommen – soll von der Entwicklung unserer Stadt profitieren. Damit das gelingen kann, dürfen wir uns nicht durch politische Extreme spalten lassen.
Meine Damen und Herren, wir erleben eine Zeit, in der Kompromisse unter Generalverdacht stehen. Ich halte das für gefährlich. Kompromissfähigkeit ist nichts anderes als gelebte Verständigung. Ein Kompromiss ist oft die beste Möglichkeit, um eine Situation zu verbessern, wenn eine perfekte Lösung nicht möglich ist.
Wer behauptet, die einfache Parole schlage den mühsamen Ausgleich, hat unsere Demokratie nicht verstanden. Wenn wir in der demokratischen Mitte einander zuhören, das Gemeinsame suchen und über Unterschiede hinweg zum Wohle der Stadt zusammenfinden, werden wir immer bessere Antworten liefern als Populisten und Nationalisten. Streiten wir hart in der Sache und mit Respekt im Ton. Fragen wir uns, wie wir leben wollen, was uns wichtig ist und was wir unseren Kindern hinterlassen möchten. Dann, davon bin ich überzeugt, gestalten wir eine Zukunft, in der Wohlstand und Lebensqualität Hand in Hand gehen – hier bei uns und weit darüber hinaus.
Ich betone das, weil die Bereitschaft, Brücken zu schlagen, wichtiger ist denn je. Eine Gesellschaft, die in Lager zerfällt und nicht mehr das Verbindende sucht, verspielt sowohl ihre Zukunft als auch ihr Gefühl von Heimat.
Esslingen hat eine starke demokratische Kultur und ein lebendiges bürgerschaftliches Engagement. Unsere Bürgerinnen und Bürger kümmern sich – mit Herz und Haltung – um ihre Heimatstadt. Wir gestalten unsere Stadt gemeinsam: mit dem Gemeinderat, mit den Bürgerausschüssen, dem Jugendgemeinderat, dem Inklusionsbeirat, dem Integrationsbeirat, mit aktiven Seniorinnen und Senioren. Hier engagieren sich Menschen im Sport- und Kulturverein, in Kirchen, in der Nachbarschaft, in der Feuerwehr – hier schlägt das demokratische Herz.
Hier zeigt sich der alte reichsstädtische Bürgerstolz in unserer Stadt auf vorbildliche Weise.
Darum lassen Sie uns gemeinsam den Bürgergeist unserer alten Freien Reichsstadt stärken. Lassen Sie uns gemeinsam weiterbauen an Esslingen als Stadt der Zukunft die modern und weltoffen ist, solidarisch und sozial, wirtschaftsstark und innovativ. Eine Stadt, die grün ist und Chancen für alle bietet – unabhängig von Herkunft oder Einkommen. Eine lebenswerte Stadt, in der gesellschaftlicher Zusammenhalt gelebter Alltag ist.
In diesem Sinne bitte ich Sie nun Herrn Oberbürgermeister, meine Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates und alle anwesenden Gäste hier im Schwörhof, sich von Ihren Plätzen zu erheben zur Verlesung der Verpflichtungsformel.
„Wir geloben Treue der Verfassung, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung unserer Pflichten. Insbesondere geloben wir, die Rechte der Stadt gewissenhaft zu wahren und ihr Wohl und das ihrer Einwohnerinnen und Einwohner nach Kräften zu fördern“.
Ich danke Ihnen, dass Sie sich von Ihren Plätzen erhoben haben.
Nun bleibt mir noch, Ihnen ein schönes Schwörfestwochenende zu wünschen und mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit zu bedanken.

