Der Esslinger Gemeinderat stimmte im Rahmen der Gemeinderatssitzung am 18.11.2024 der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt zu. Das knappe Abstimmungsergebnis von 21 zu 19 Stimmen ist dennoch bemerkenswert und gibt Anlass zur Sorge.
Die Charta der Vielfalt ist eine Selbstverpflichtung für Organisationen, die sich dazu bekennen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das frei von Vorurteilen ist. Sie fördert eine inklusive Unternehmenskultur, steigert Innovationskraft und Arbeitgeberattraktivität. Mit der Unterzeichnung sind einmalige Kosten von 250 Euro verbunden, Schulungen und gezielte Maßnahmen sollen das Thema Vielfalt in der Stadt und der Verwaltung sichtbarer machen und weiter verankern
Ein Statement zur Grundhaltung und dem Selbstverständnis der Stadt sollte es also werden. Das knappe Abstimmungsergebnis im Gemeinderat wirkt dagegen wie ein verpasster Moment, klar Stellung zu beziehen. Ein geschlossenes Abstimmungsverhalten der demokratischen Parteien wäre ein klares Bekenntnis zu Toleranz, Gleichberechtigung und der Wertschätzung von Vielfalt in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz gewesen. Gerade in einer Zeit, in der Polarisierung und Diskriminierung zunehmen, ist es unserer Ansicht nach wichtig, dass Kommunen wie Esslingen ein Zeichen setzen. Dass die Charta von vielen Ratsmitgliedern als überflüssig angesehen wurde, zeigt weniger einen großen Handlungsbedarf, sondern vielmehr ein Zögern, sich selbstbewusst hinter einen nicht nur symbolischen, sondern auch in der Praxis wichtigen Akt zu stellen. Es ist fast peinlich, dass ein so grundlegendes Bekenntnis wie die Förderung von Vielfalt und Toleranz nicht ohne weiteres breite Zustimmung fand – vor allem, da die Charta der Vielfalt bereits seit 2006 existiert und Esslingen erst jetzt diesen Schritt geht. In anderen Städten, die ebenfalls spät dran waren, wie Karlsruhe, fiel die Entscheidung deutlich klarer aus. Dort gab es eine parteienübergreifende Zustimmung, mit Ausnahme der AfD, die sich dagegen aussprach.
Dabei ist die Charta keinesfalls umstritten und Esslingen in guter Gesellschaft: Städte wie Stuttgart, Tübingen und Heidelberg haben die Charta der Vielfalt bereits unterzeichnet. Über 6.000 Organisationen haben die Charta bis heute unterzeichnet. Auch namhafte Unternehmen aus Baden-Württemberg wie Bosch, Daimler, Porsche und SAP sind Teil dieser Initiative. Sie alle setzen auf eine Kultur der Offenheit und Vielfalt – Werte, die Esslingen ebenfalls lebt und die unsere Gemeinschaft hier so stark machen. Schade, dass wir dies nicht mit breiterer Brust tun, nötig wäre es sicherlich.